Daoismus

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Artikel aus: Lexikon der Kampfkünste<br.>Nachbearbeitet von:

Der Ursprung des Daoismus (chin.: 道教 - dàojiā) liegt in China. Bereits 5000 v.Chr. stellten die Chinesen die Abhängigkeit des Menschen von den Naturgesetzen des „Lebens und Sterbens“ fest und versuchten sich ihnen anzupassen. Man verstand, dass menschliches Leben nicht gegen, sondern nur mit der Natur möglich war.

Entstehung des Daoismus

Láozī auf einem Wasserbüffel reitet gegen Westen

Im 4.Jh. v.Chr. lebte Láozī [1], der als Gründer der philosophischen Schule des Daoismus (dàojiā) gilt. Er entwickelte die alten Überzeugungen weiter und lehrte, dass die Qualität des irdischen Lebens nur auf einem Weg (dào) zu verwirklichen ist, auf dem der Mensch die natürlichen Gesetze des „Werdens und Vergehens“ in seiner Haltung als Tugend ( [2]) verwirklicht. Die persönliche Moral wird nicht nach vorgeschriebenen Regeln, sondern durch die Lebenserfahrung entwickelt.

Gleich Konfuzius entwickelte auch er eine Lehre, durch die der gemeine Mensch (xiǎorén [3]) eine höhere Entwicklungsstufe anstreben und sich zum zhèngrén [4] entwickeln sollte. Doch der daoistische zhèngrén sollte nicht wie der konfuzianistische jūnzĭ regelbestimmt sein, sondern eigene Erkenntnisse über die Zusammenhänge des Lebens in selbstperfektionierenen Übungen entwickeln. Im Widerspruch zu Konfuzius lehnte Láozī die konfuzianischen „fünf Tugenden“ (wuchang) ab, da diese die Befolgung von pädagogischen Regeln vorsahen, statt Richtig und Falsch durch Erkenntnis und Selbstperfektion zu unterscheiden.

Obwohl Láozī Geschichtsschreiber am kaiserlichen Hof war, fand seine philosophische Lehre weder in der aristokratischen noch in der politischen Elite Chinas Verständnis. Viel eher wandte man sich der staatspolitischen Didaktik des Konfuzius zu, der sozialpädagogische Regeln für Staat und Gesellschaft formulierte. Enttäuscht verließ Láozī daraufhin seine Heimat, um sich in die Einsamkeit zu begeben. Als er am Xiangu-Pass übernachtete, bat ihn der Torwächter Guan Yin (Kuan Yin) seine Gedanken aufzuschreiben. Daraus entstand das heute vielbeachtete Werk dàodéjīng [5] (Buch vom Weltgesetz und der Tugend), laut dem jedes persönliche Heil durch die Konformität mit dem allwaltenden Weltgesetz (dào) entsteht. Das dào besteht aus der Leere (wújí - Nichts) aus dem alles Seiende hervorgeht. Die Gesetze des dào offenbaren sich dem Suchenden und formen die Tugend (). Nachdem er seine Philosophie aufgeschrieben hatte ging Láozī nach Westen [6] und wurde nie mehr wieder gesehen.

Daoistische Bewegungslehre

Früh erkannte man, dass der Mensch in seinem geborenen Urzustand ein ungeformtes Potenzial ist und nur durch persönliches Bemühen aus sich selbst heraus wachsen kann. Um wachsen zu können sollte er in einer Übung die natürlichen Gesetzmäßigkeiten des dào nachahmen und in seine Handlungen übertragen. Daraus folgt ein intuitives Verständnis von (Tugend).

Bereits die dǎoyǐn (5.000 v.Chr.) enthielten die Idee zur wirkungsvolleren Lebensbewältigung durch das Nachahmen des dào. Nachdem Láozī im 4.Jh. v.Chr. die Grundlagen seiner Lehre im dàodéjīng (道德經) formuliert hatte, entstand eine Vielzahl solcher Übungen. Heute ranken sich Legenden um den legendären chinesischen Arzt Huá Tuó (190-265 n.Chr.), der in China als Wegbereiter der Anästhesie gilt.

Huá Tuó schreibt man auch die Gründung der wǔqínxì zu, einem psycho-physischen Übungskomplex, der aus dem Nachahmen von fünf Tieren besteht. Er sah im Studium der Tierverhalten die bestmöglichste Annäherung an die Gesetze des dào, weil er bei diesen einen weit höheren Wirkungsgrad in vorurteilslosem Handeln feststellen konnte als beim Menschen. Er kam zu dem Schluss, dass der sich seiner selbst bewusst gewordene Mensch zwar Städte erbaut und Technologien erfindet, seine Bewusstwerdung ihn aber zu kurzsichtigem Handeln verführt, wodurch er sowohl seine geistige Evolution als auch seine Existenz gefährden.

Huá Tuó wollte den intellektuellen Menschen auf die Rückbesinnung seiner natürlichen Vergänglichkeit verweisen und ihn in den Ursprung seines natürlichen Seins zurückzuführen. Er empfahl, das Leben nicht im Ego zu isolieren, sondern es als abhängig von den natürlichen Prozessen des „Werdens und Vergehens“ zu verstehen. Er stellte die Unterworfenheit des Menschen unter die natürlichen Prozesse fest und definierte den Grund für den zunehmenden Vitalitätsverlust des Menschen in einer überbetonten Selbstbezogenheit. Er empfahl, von den Tieren zu lernen, die „ohne Ego“ eine natürliche Verbindung zum dào pflegen und dessen Energie () auf natürliche Weise nutzen:

  • Wǔqínxì (五禽戲) - „Spiel der fünf Tiere“. Die Übungen von Huá Tuó´s Tierbewegungen werden in der Reihenfolge Tiger (虍, ), Bär (熊, xióng), Hirsch (鹿, ), Affe (猴, hóu) und Vogel (鸟, niăo) geübt. Die wǔqínxì sollten helfen, das entsprechende Tier in seinem Wesen zu verstehen, indem seine Art und Handlungweise nachgeahmt wird. Nicht die Bewegung ist wichtig - der Übende soll das „Wie“ und „Warum“ im Wirken und Sein der Tiere ergründen. Huá Tuó´s wǔqínxì werden heute oft mit den wǔxíng (fünf Wandlungsphasen) kombiniert und als daoistisch therapeutische Gymnastik unterrichtet.


die Chinesische Religion als auch die Japanische Religion erheblich beeinflussten. Der Begriff selbst stammt als sānjiào ursprünglich aus dem Chinesischen und bezeichnet dort den Konfuzianismus (chin. rujia, jap. jukyō), den Daoismus (chin. dàojiā, jap. dōkyō) und den Buddhismus (chin. fojia, jap. bukkyō).

Anmerkungen und Verweise

[1] Láozī (老子), auch Lao tzu, Lao tse - Ehrenname („alter Meister“) für Li (Familienname) mit dem Vornamen Erdan oder Laodan. Neben seinem Zeitgenossen Konfuzius die bedeutendste Persönlichkeit in der Geistesgeschichte Chinas.

[2] (德) - daoistischer Begriff für „Tugend“, ein Prinzip aus dem dédàojīng. Die daoistische Tugend folgt nicht den Moralvorschriften der Gesellschaft, sondern ist eine selbsterworbene Sichtweise für „Richtig“ und „Falsch“ in den Handlungsweisen des zhèngrén. Sie bezeichnet die Gesetzmäßigkeit und Eigenschaft, die im dào ruht und befähigt den Menschen zur eigenen Betrachtung. ist die daraus natürlich erworbene Tugend, die intuitiv den Gesetzen des dào folgt.

[3] Xiǎorén (小人) - „gemeiner Mensch“, der sich ohne Bemühen um persönliches Wachsen dem Dasein unterwirft und die Zeit seines Lebens ohne Anspruch auf eine höhere Entwicklung verstreichen lässt.

[4] Zhèngrén (正人) - der „wahre verwirklichte Mensch“ (der Weise), Idealfigur im Daoismus, jemand, der die daoistische Lehre durch eine entsprechende Übung der Selbstreflektion in seiner Haltung verstanden hat. Ähnlich dem konfuzianistischen jūnzĭ, der jedoch ein Produkt pädagogischer Regeln und Vorschriften war, hat der zhèngrén die Einheit mit dem dào verwirklicht. Láozī´s zhèngrén hat alle einschränkenden Regeln und Gesetze hinter sich gelassen und die absolute Freiheit des Selbst erlangt. Der zhèngrén wird mit einem Unsterblichen (xiān) gleichgestellt oder ihm sogar übergeordnet. Seit der Tang-Dynastie (618-906) wurde zhèngrén als Titel an hochgestellte Persönlichkeiten verliehen.

[5] Dàodéjīng (道德經) - in der Wade-Giles-Umschrift auch Tao Te Ching oder Tao Te King, „Der Weg und die Kraft“ oder „Die Tugend des Dao“, Buch der ursprünglichen Philosophie des Láozī. Das Werk wird auf das 4. oder 3. Jh. v.Chr. datiert, enthält ca. 5.000 Zeichen und besteht aus 81 Kapiteln, die in zwei Teile geteilt sind: der erste Teil (1-37) befasst sich mit dào (Weltgesetz), der zweite Teil (38-81) mit (Tugend). Früher waren die beiden Komplexe, dào und in der Reinfolge vertauscht - es war also ein dédàojīng - vermutlich weil Lǎozǐ das für wichtiger erachtet als das dào. Seinen Namen erhielt das Buch erst in der Han-Dynastie (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.), vorher wurde es einfach Láozī genannt, da man die Bücher häufig nach dem Verfasser benannte. Heute glaubt man, das Buch sei das Ergebnis vieler Geister und es habe seine heutige Form erst im vierten Jahrhundert erhalten.

[6] „Nach Westen gehen“ ist in China eine Metapher für Sterben. Guanyin ist eine daoistische Gottheit und soll den Willen der Götter ausdrücken, laut dem Láozī seine Gedanken den Menschen mitteilt. Außerdem muss die Entstehungszeit von einer Nacht für ein so komplexes Werk wie das dàodéjīng als zu kurz angenommen werden. Spätere Daoisten behaupten, Láozī sei tatsächlich „in den Westen gegangen“, um in Indien Buddha zu unterrichten.

Studien-Informationen

Siehe auch: Chinesischer Daoismus (dàojiā und dàojiào) | Japanischer Daoismus (dōkyō) | Koreanischer Daoismus ()

Literatur